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graue Fleecejacke Aria – Pattydoo

Ich besitze die ein oder andere gekaufte Fleecejacke und trage diese an faulen Tagen auch sehr gerne. Jedoch sind Fleecejacken meist seeehr sportlich und bunt. Wenn irgendwas jedoch nicht zu mir und meinem Kleiderschrank passt, sind es genau diese beiden Eigenschaften. Auf selbst Nähen hatte ich aber eigentlich gar keine große Lust. Die Suche nach ökologisch vertretbaren, schlichten Fleecejacken. die mir auch noch bei der Anprobe passen, war aber vergebens. Also musste ich meine Vorstellungen doch selbst umsetzen. Viele Details wollte ich nicht, nur zwei Eingriffstaschen in der Front und einen Stehkragen.
Leider war die Schnittmustersuche schwer, weshalb ich wieder bei einem Pattydoo Schnitt gelandet bin. Fehler! Ich muss jetzt wirklich mein Kundenkonto löschen, damit ich endlich aufhöre dort Schnitte zu kaufen. Warum? Die Körperformen passen einfach absolut gar nicht zu mir und die Tatsache, dass sie, als Einzige mir bekannte Schnittmusterherstellerin, ihre Schnitte so auf den Bögen drapiert, dass man aus einem Größe 38 Versuch keine 36 ausschneiden kann, kann ich nicht leiden. Außerdem finde ich Schnittmusterbögen mit 80 Seiten auch mehr als fragwürdig. Und Videoanleitung mag ich auch nicht. Ich schreibe das nicht um euch zu beeinflussen, sondern um mich wirklich beim nächsten Mal daran zu erinnern, warum ich dort keinen Schnitt mehr kaufen wollte. Diesmal, dieses Mal merke ich es mir (hoffentlich)!

Der Stoff

Der Stoffkauf war im Gegensatz zum Schnitt eine sehr einfache Sache. Wir waren in Berlin und ich habe die Chance genutzt bei Lebenskleidung einen Fleecestoff in grau meliert aus reiner Baumwolle zu erstehen. Ich habe für dieses Projekt 1,7m bei 1,5m Breite gekauft und es blieb ein Rest von 0,9×0,8 m. Damit würde ich bei einem nächsten Mal maximal 1,4m kaufen. Er ist super weich und bisher bin ich begeistert. Bin gespannt, wie langlebig er ist. Für den Saum habe ich Falzgummi verwendet.

Der Schnitt

Die Größenwahl beim Aria Schnitt fiel mir sehr schwer, laut Maßtabelle wäre ich zwischen 38 und 40. Es werden jedoch auch die Fertigmaße angegeben, eine gekaufte Fleecejacke vermessen ergab eher eine 34. Da mein Fleece aber einigermaßen dick ist, habe ich einen Kompromiss mit der 36 gemacht. Prinzipiell kenne ich das von Pattydoo schon, auch Nelly und Lynn habe ich in meinen Nähanfangszeiten um zwei Nummern kleiner genäht.

Vor dem Zuschnitt des ersten Nesselteils habe ich die Schnittteile oberhalb der Taille und somit direkt oberhalb der Taschen um 4cm verlängert, eine Hohlkreuzanpassung mit -2cm gemacht, die Schulter um 1,2 cm verbreitert und die Schulter um insgesamt 1,4cm erhöht. Damit das dadurch vergrößerte Armloch wieder zum Ärmel passt, habe ich die Armkugel im obersten Bereich um knapp 0,8cm erhöht. Das geht bei mir, schließlich ist genau in diesem Bereich mein breiter Schulterknochen. Den Ärmel habe ich um 3cm verschmälert und um 4cm verlängert.

Trotz der vielen Änderungen war die erste Anprobe des Nesselteils mehr als ernüchternd. Ich hatte einen großen, unförmigen Sack an mir hängen. Im Rücken ist viel zu viel Mehrweite, direkt an der Brust und an der Schulter zu wenig und in einen Ärmel konnte ich beide Arme stecken. Auf den Bildern ist eine Seite schon um 5cm verschmälert abgesteckt. Auch wenn ich Nesselteile nähe, weil mir bewusst ist, dass Dinge nicht gleich passen, wenn es so schlecht ist, bin ich doch immer etwas demotiviert. Also erstmal frustriert ein bisschen andere Dinge genäht…

Wochen später wieder aufgerafft und erstmal die Ärmel nochmal um 4cm verschmälert. Da das Nesselteil an der Brust schlecht saß, habe ich am Seitenteil etwas die Höhe reduziert und damit die Falten auf Höhe der Achsel reduziert. Damit die verkürzte Strecke wieder zum Vorderteil passt, war ein Abnäher notwendig. Der dicke Stoff hat sich allerdings nicht sehr kooperativ verhalten bei dem Abnäher, weshalb ich den 2cm kleinen Abnäher wieder entfernt habe. Anstatt dessen, habe ich die Mehrweite im Vorderteil gerafft und so mit dem Seitenteil verbunden. Das hat gut funktioniert, die Naht liegt bei genug Brustweite trotzdem flach.

Der Kragen stand sehr weit vom Hals ab. Ich gehöre aber zu den Leuten, die von Mitte September bis Mai Schals, Tücher oder Rollkragen tragen, also war klar, der Stehkragen muss enger werden. Dazu habe ich den Halsausschnitt um 1,5cm am vorderen Ausschnitt erhöht, auslaufend auf 0,7cm rundherum. Die Umfangverkleinerung von insgesamt 5,6cm habe ich auf drei Stellen verteilt wieder aus dem Kragen herausgenommen.

Für die Rückenweite habe ich es mir einfach gemacht und die Naht zwischen Rücken- und Seitenteil bis auf die beiden Nahtenden aufgetrennt. So konnte ich es beim Tragen zurechtzupfen und direkt an mir Abstecken. Dabei habe ich rund 2cm pro Seite extra aus dem Rückenteil und 1cm aus dem Seitenteil genommen. Damit habe ich an den weitesten Stellen ein bisschen über 6cm Weite aus dem Rücken genommen. Der Sitz ist dadurch bequem, aber nicht mehr sackig.

Das Nähen

Zugeschnitten habe ich nachts bei schlechtem Licht. Ich war mir sicher, dass beide Stoffseiten gleich sind. Bei Tageslicht haben sie aber leider einen feinen Unterschied. An der Jacke sieht man es wirklich kaum, ich mache mir eher Sorgen, ob sich die Oberflächen im Laufe des Tragens unterschiedlich entwicklen werden.

Bei diesem Schnitt gibt es zwei verschiedene Videos die die Anleitungsschritte enthalten. Diese sind wiederrum in zwei verschiedene Varianten aufgeteilt. Man ist also viel damit beschäftigt vom einen ins andere Video zu springen (dazwischen natürlich regelmäßig Werbeeinblendungen!) und dann auch noch die richitge Stelle zu suchen. Das hat mich wirklich sehr genervt…

Da ich beim Nesselteil sehr viele Falten im Bereich der Achsel/neben der Brust hatte, habe ich beim Seitenteil die Höhe gekürzt. Beim Vorderteil hätte das einen Abnäher notwendig gemacht. Habe ich probiert, sah bei dem dicken Fleece aber scheiße aus, also wieder aufgetrennt. Das Raffen der Mehrweite hat ein schöneres Ergebnis gegeben, dabei habe ich 6cm Länge des Vorderteils im Bereich der Brust an 3,5cm Länge des Seitenteils genäht.

Der Reißverschluss dieser Jacke wäre ein ganzes Extrakapitel. Schon der Kaufprozess war ein Problem. Keine Farbe wollte passen. Die annähernd erträglichste Farbe habe ich jetzt vernäht. Schon beim Kauf war aber klar, dass es keine gute Qualität ist. Der Reißverschluss war lose auf dem Tisch liegend schon in sich verspannt/hat sich gewellt und eingedreht. Ich hab dann doch versucht ihn zu vernähen, mit mittelmäßigem Ergebnis.

Sollte ich nochmal in so eine Situation kommen, werde ich den Reißverschluss auf eine Platte spannen und über Nacht im Ofen auf 90° Grad kriechen/auslagern lassen. Technisch macht eine leichte Spannung im Reißverschluss ja Sinn, da sie einen Gegenzug zum dann aufgenähten Stoff bildet, aber bei diesem weichen instabilen Material war die Spannung einfach zu hoch. Hoffentlich lese ich das hier bevor ich wieder in so eine Situation komme.

Viel habe ich schlussendlich einfach nur nach Gefühl genäht. Da mein Fleece recht dick ist habe ich mich zum Beispiel dagegen entschieden einen gesamten Reißverschlussuntertritt zu nähen. Ich habe nur einen Kinnschutz genäht.

Bei den Taschen hatte ich beide Teile aus Fleece zugeschnitten, es dann aber doch zu dick gefunden. Die Suche im Stofflager nach einem bessern Stoff war erst nicht so vielversprechen, bis ich über zwei kleinere Abschnitte meines Borderland Shirts stolperte. Die waren von der Stoffqualität perfekt. Damit habe ich jetzt blauen Himmel mit Wolken in den Taschen.

Qualitativ gehört diese Jacke definitv nicht zu meinen Sternstunden. Auch war ich beim Nähen nie ganz zufrieden, weshalb ich einfach nicht so strukturiert gearbeitet habe wie sonst. Von einer Freundin habe ich jedoch eine Bench Jacke geerbt und der Vergleich der beiden Jacken hat mich etwas mit meiner Jacke versöhnt. Mein Reißverschluss ist auch nicht wackliger als der der (ich finde nicht ganz günstigen Polyester) Kaufjacke. Ich werde diese Jacke sicher regelmäßig tragen, aber mal schauen, ob sie mich auch glücklich machen wird. Weich ist sie auf jeden Fall!

Edit: Während ihr das hier lest, liegt die Jacke mit teilweise zerlegten Kragen auf meinem Nähtisch. Der Falzgummi am Innenkragen zieht zu stark. Mindestens das muss ich noch ändern…

Wer hat heute wohl auch schon kuschlige Wintersachen zum zeigen und wer schwelgt noch in den letzten Sommersachen beim MMM?

21 thoughts on “graue Fleecejacke Aria – Pattydoo

  1. Wenn ich mir den Text durchlese und deine Jacke so ansehe, wärst du vielleicht mit dem Schnitt Pellworm von Schnittreif glücklicher geworden. Daraus habe ich mir vor Jahren eine Jacke aus dünnem Sommersweat und eine aus mittelgrauem Baumwollfleece genäht. Die Linienführung ist ähnlich, die Prinzessnähte machen Anpassungen leichter. Ich hatte allerdings für mein Gefühl etwas zuviel Stoff im Oberbrust-Schulterbereich. Vielleicht hättest du da weniger Anpassungen für die breite Schulter machen müssen? Alles in allem haben sich deine Mühen mit den Anpassungen jedenfalls ausgezahlt, die Jacke sitzt gut. Für den RV drücke ich dir die Daumen, dass er durchhält. Gerade bei einer sportlichen Jacke wäre ja auch ein RV in Kontrastfarbe eine Option gewesen, wenn es die genau passende Farbe nicht gibt. Videoanleitungen mag ich übrigens gar nicht, die sind ein Hauptgrund warum ich mir keine Pattydoo-Schnitte kaufe.
    Liebe Grüße, heike

    1. Ich hab gerade mal nach Pellworm gesucht und einen Schnitt von Farbenmix gefunden, wenn du den meinst, ja die Schultern schauen so aus, als würden sie mir besser als anderen passen.
      Kontrastreißverschluss wollte ich gerade nicht, das Ziel war eine möglichst unsportliche Fleecejacke. Quasi eine Jacke die so aussieht, wie ich bei allen Sportfesten in meiner Schulzeit geworfen habe 🙂
      Grüße, Tina

      1. Ich hatte vergessen, dass Pellworm über Farbenmix vertrieben wird. Ich habe jetzt extra nochmal nachgeschaut, als Schnitterstellerin steht Schnittreif Anja Müssig drauf, wenn auch nicht unter ihrem Label vertrieben offensichtlich. Außerdem anscheinend ein Schnitt der Heikes gefällt 😉 Teetrinkers Zuhause stellt heute nämlich eine Pellworm Jacke in Schwarz vor. LG heike

  2. Was für eine Anpassungsarbeit! Das Ergebnis sieht auf den Bilder klasse aus und ich hoffe die letzten Ärgernisse bekommst du auch noch geregelt.
    Was Pattydoo angeht kann ich dir nur beipflichten…
    Beste Grüße,
    Sam

    1. Aber ein bereits fertiges Teil wieder anfangen, macht immer besonders wenig Freude. Trotzdem hast du Recht, ich werde es noch reparieren.
      Grüße, Tina

  3. puh, das klingt echt nach einem Mammutprojekt. Bei Pattydoo bin ich auch bei dir. Ich habe eine Weste nach einem Schnitt von Pattydoo und ähnliche „Sackartige“ Erlebnisse. Das mit dem Video hatte ich erst nach Kauf gesehen und war dann froh, dass ich die Jacke im Rahmen eines Nähabends genäht habe – ohne die Anleitung. Wirklich überzeugt hat mich das Konzept deshalb auch nicht. Ich teste gerade einen Kystbarn Schnitt. Die sind auf jeden Fall schmaler geschnitten. Vielleicht wäre da noch einer für dich dabei?
    LG Miriam

    1. Hab sie gerade angeschaut und ich glaube auch, dass sie eher schmaler geschnitten sind. Ich werde jetzt erstmal wieder schicke Sachen nähen um dieses Drama zu vergessen, aber vielleicht später mal wieder. Danke für den Tipp.
      Grüße, Tina

  4. Oh je, da ist das an sich einfache Projekt für ein Jacke in der Umsetzung fast so aufwändig wie ein Trechncoat. Wie schade, dass Du soviel Mühe hattest und im Moment noch nicht gang glücklich mit der Jacke bist. Auf den Fotos schaut es cool und kuschlig aus. LG Kuestensocke

    1. Aber wenn ich so ein einfaches Projekt schon so langwierig umsetzen kann, wie lange würde ich wohl für einen Trenchcoat brauchen 😉
      Grüße

  5. Das klingt nach einem langen und anstrengenden Weg, aber das Ergebnis überzeugt. Ich drücke die Daumen das sich der Reisverschluss und der Stoff als langlebig herausstellen.

  6. Ui, da hattest du aber viel Arbeit für eine scheinbar einfache Jacke. Hoffentlich kannst du sie bald mit Freude tragen.
    Ich zeige heute auch eine Fleecejacke, 3hefecit hat es ja schon erwähnt.

    LG, Heike

    1. Ja, ich hab sie mir gleich angeschaut. Wahrscheinlich wäre ich mit deinem Schnitt glücklicher geworden, aber ich kannte das Label bis zu Heikes Empfehlung nicht mal.
      Grüße

  7. Tatsächlich gefällt mir die Jacke an dir, sie sieht gemütlich, wertig und ein bisschen schick aus, wegen der Farbe. Ich hoffe, dass du sie nach dem Kragen abtrennen irgendwann wieder trägst und dass die Stoff innen/außen sich nciht unterschiedlich verhalten, denn der Stoff ist bestimmt klasse. Pattydoo nie was von genäht, ein Glück demnach. LG Anja

    1. Der Kragen ist mittlerweile repariert und ich glaube, dass das Projekt einen guten Ausgang nehmen wird.
      Pattydoo ist ein deutsches Schnittmuster Label mit einer großen Auswahl an Alltagsschnitten, aber du tust gut daran sie nicht zu kennen.
      Grüße, Tina

  8. Wer von uns kennt die Enttäuschung nicht, wenn man in einen wertigen Stoff sowie Zeit und Mühe in ein Kleidungsstück investiert hat und das Ergebnis dann nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Von außen betrachtet sieht man der Jacke das „Drama“ nicht an, im Gegenteil. Auch ich finde, sie steht Dir prima! LG Manuela

  9. Ich bewundere die Akriebie und Systematik, mit der Du diese Jacke angepaßt hast, ich weiß nicht, ob ich diese Geduld für ein scheinbar so einfaches Projekt aufgebracht hätte. Aber das Ergebnis spricht für sich, ich denke, Du hast aus dem formlosen Pattydooschnitt eine sehr gut sitzende Jacke gemacht. Ja, Pattydoo…ich finde sie ja irgendwie sympathisch, wie sie sich präsentiert, und was sie in den Videos zeigt, hat alles Hand und Fuß, aber das Konzept mit der Videoanleitung ist schon eigenartig und irgendwie nicht mehr zeitgemäß.
    Aber der Stoff sieht traumhaft aus…muß ich mal auf der Lebenskleidung-Seite stöbern gehen!
    Liebe Grüße, Barbara

    1. Ja, mir gehts auch so, es ist kein Label, dass man leicht unsympathisch findet, vielleicht bin auch deshalb immer wieder bei ihr hängen geblieben. Ja, der Stoff ist mit Abstand das beste an diesem Projekt und bei Lebenskleidung ist es mir wirklich schwer gefallen, nur einen Stoff zu kaufen. Sie waren alle toll.
      Grüße, Tina

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