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Jamie Cardigan – Ready to sew

Auf dem NähFrauen Wochenende 2022 in Frankfurt, hatte ich die Gelegenheit mich mit Barbara vom Blog ‚Maria Barbara‘ über den Jamie Cardigan zu unterhalten. Viele von euch kennen sie sicher vom Memademittwoch. Ihr Jamie Cardigan sieht nicht nur toll aus, sondern sie mochte den Schnitt auch sehr gerne. Ich hingegen war sehr unzufrieden mit der Konstruktion der Blenden an diesem Schnitt. Aber alles der Reihe nach:

Das Schnittmuster ist der Jamie Cardigan von Ready to sew in Größe 38. Da er überschnittene Schultern hat, habe ich nur die Ärmel um 10cm verlängert ohne meine normale Schulterverbreiterung.
Zum Stoffverbrauch habe ich 1,2m notiert. Kommt mir nach vier Jahren recht wenig vor. Leider habe ich mir die Stoffbreite nicht notiert.

Als Stoff habe ich einen Wollstoff vom Foxx Fabrikverkauf in Nürnberg verwendet. Diese Art von Stoff habe ich noch nirgends anders gesehen. Es ist ein schwarzer, glatt rechts Strick, in dem ein weiterer Faden (grau mit einzelnen Farbfilamenten) eingewebt ist. Da dieser Faden auf der Rückseite in Schlaufen gelegt ist, ist der Stoff sehr dick. Wenn er lose auf dem Tisch liegt sind es knapp 12 mm. Und da denke ich, lag auch mein Hauptproblem. Ich habe zwar den Nähfussdruck meiner Overlock etwas leichter eingestellt und die Nähte sahen gut aus. Es gab aber zwei Probleme. Zum einen ist eine 7mm Overlock Naht gar nicht so breit, wenn sich diese dicken Stofflagen treffen und verschieben. Außerdem war es mir leider nicht möglich die Kanten mit einem Kantenband vor dem Ausleiern zu sichern. Auf dem Grobstrick hat das Band nur schlecht geklebt. So habe ich auch immer wieder mit Ausleiern gekämpft.

Die vordere Blende hat mir am meisten Schwierigkeiten gemacht, sie ist sehr schmal, gerade mal 3 cm im angenähten Zustand. Durch die Dicke meines Stoffs aber eher 2,3cm, ich hatte noch nicht die Erfahrung und habe die Rollweite nicht miteingerechnet. Das Annähen war sehr knifflig und es war nicht leicht, dass nichts verrutscht und man Löcher bekommt. Das wäre aber schnell vergessen gewesen, wenn sich die Blende dann auch anständig gelegt hätte, aber sie stand unschön nach innen und hat sich auch nicht in Form dämpfen lassen. Also wieder aufgetrennt, bei diesem Stoff wirklich ein Alptraum, breitere Blende zugeschnitten. Gleiches Problem wieder, wieder Trennen. Dann habe ich die Jacke erstmal frustriert weggelegt. Nach Wochen ein dritter Anlauf mit breiter Blende die nicht gefaltet wird, sondern mit einem Jersey unterlegt. Das Annähen war bis dahin schon kein Spaß mehr, schließlich war die Kante durch das Trennen und Nähen sehr verzogen und ausgeleiert. Nach einigem Gebastle war sie aber doch irgendwann dran. Frustriert über das Ergebnis war ich, aber auch müde von den Versuchen, weshalb ich beschlossen habe sie so zu belassen.

Auch die Zuschnitte des Hüftbünchen und des Armbündchens waren zu kurz, ich musste jeweils anstückeln.

Auf Knopflöcher habe ich nach dem vielen Ärger dann gleich verzichtet und annähbare Druckknöpfe verwendet. Bei dem Projekt musste natürlich auch da was schief gehen. Die Knöpfe schlossen viel zu fest, beim Öffnen hätte man sich entweder immer einen Fingernagel gesplittert oder noch schlimmer, das Wollgewebe verletzt. Lösung: ich habe alle Klemmbügel, die für die Haltekraft verantwortlich sind, etwas weiter aufgebogen. Sie schließen jetzt weniger stark und passen zu dem zwar dicken, aber grob gestrickten Stoff.

Fazit

Die Erkenntnisse zu der Jacke sind auf jeden Fall folgende:

  • Sollte ich jemals wieder so dicken Wollstoff verarbeiten wollen (ich habe noch einen Rest), muss ich mich vorher mit Übungen und Hilfstechniken beschäftigen. Sicher waren einige der Schwierigkeiten auch meinem mangelnden Wissen geschuldet.
  • Das graue Garn pillt stark, auf den Bildern sieht man es auch schon etwas. Aus der Nähe sieht es aus, als hätte ich mich in den Halloween Deko Spinnweben verfangen.
  • Das Schnittteil vom Rücken ist für meinen Geschmack zu breit.
  • Leider stimmt die Balance der Jacke nicht, wie auf dem letzten Bild sichtbar, kippt sie deutlich nach hinten. Dadurch fällt die Front dann so komisch weit offen, zieht an den Schultern und der Saum hängt schief. Alles Dinge die ich nicht mag, eine Zupfjacke…

Trage ich sie? Für legere Gelegenheiten, bei denen es sehr kalt werden kann, greife ich doch immer wieder zu der Jacke. Also ja. Immerhin.

25 thoughts on “Jamie Cardigan – Ready to sew

  1. Schade, dass Du so unglücklich bist mit der Jacke, auf den Bildern sieht man ihr das gar nicht an. Anscheinend ist der Jamie-Cardigan-Schnitt eher was für dünne, leichte Jerseys. Wenn ich mit dicken, ausleiernden Stoffen zu tun habe, wende ich folgende Tricks an: Ich nähe auf Streifen von Soluvlies, in ganz schlimmen Fällen lege ich auch noch die wasserlösliche Stickfolie Avalon oben drauf. Manchmal hefte ich auch die Naht mit der Hand oder mit der Nähmaschine. Wenn ich den Heftfaden wieder herausziehe, habe ich eine elastische Naht. Und bei Schnittmustern, die nur 7mm Nahtzugabe integriert haben, verbreitere ich grundsätzlich die Zugabe auf 1cm beim Zuschnitt. Dafür reicht mein Augenmaß. Ich finde, die Overlocknaht wird einfach besser, wenn man ein paar Millimeter zum Abschneiden hat. Vielleicht hilft Dir das ein bisschen weiter.
    Viele Grüße, Stefanie

    1. Oh, soo unglücklich bin ich gar nicht. Ich trage die Jacke, wenn ich warm gehalten werden will, dafür ist sie genau richtig.
      Der Tipp mit dem 1cm Nahtzugabe, die dann wieder auf 7mm verschmälert werden ist sehr gut, das will ich das nächste Mal anwenden.
      Grüße, Tina

  2. Ein toller Stoff und eine schöne Jacke! Schade, dass du so viele Probleme damit hattest. Aber vielleicht kannst du dich auf Dauer doch noch ein bisschen damit anfreunden? Ich jedenfalls vergesse immer irgendwann, wie es ursprünglich gedacht war, und bin dann zufriedener 🙂

    1. Ich hatte mich mit der Jacke schon ziemlich versöhnt, allerdings hat mich das Schreiben darüber fast wieder etwas aufgebracht. Aber du hast Recht, das wird bald wieder vergessen sein 🙂

  3. Liebe Tina, sehr gut erinnere ich mich an unser Gespräch in Frankfurt über den Jamie-Cardigan! Und ich verstehe jetzt mit Deinen Bildern Dein Problem. Dein Stoff ist wirklich sehr , sehr dick, ich habe meine Exemplare alle aus einem Sweat genäht. Für die Bündchen hatte ich Bündchenstoff genommen, der ist natürlich noch etwas dünner.
    Aber das Ergebnis, das Du zeigst, sieht toll aus, und ich finde, daß spricht dann doch für den Schnitt:-)
    Bei Strickstoffen vertärke ich gerne die Kanten mit einem dünnen Einlageband. Knopflöcher in Strickstoff ist nach meiner Erfahrung gar nicht so schlimm, wenn der Stoff etwas verstärkt oder fixiert wurde, so wie es Stefanie oben beschrieben hat.
    Liebe Grüße, Barbara

    1. Der Stoff war so grob in seiner Struktur, dass das Kantenband kaum Halt gefunden hat und somit nicht richtig funktioniert hat. Aber vielleicht nähe ich mir nochmal eine Sweat Version nach deinem Beispiel, dann auch mit verstärkten Knopflöchern 🙂
      Grüße, Tina

  4. Offenbar ist es nicht nur schwierig, solche dicken Strickstoffe zu finden (wenigstens ich für meinen Teil sehe sie nur selten), sondern auch zu vernähen. In der Stärke habe ich noch keinen Strick unter dem Nähfuß gehabt, weshalb ich leider nicht weiterhelfen kann. Trotz des Ärgers und des Balance-Problems (hast Du eine Erklärung dafür?) finde ich ihn gelungen. Auf den Fotos sieht der Cardigan sehr kuschelig aus, passend um sich mit einer Tasse Tee und einem guten Buch gemütlich auf’s Sofa zurückzuziehen. Lieben Gruß Manuela

    1. Außen ist er überraschend kratzig, aber innen wirklich sofatauglich.
      Ich habe keinerlei Erklärung für das Balanceproblem. Vielleicht sollte ich bei einer zweiten Version vorher mal Ready to sew fragen, ob sie eine Idee haben.
      Grüße, Tina

  5. Wie Manuela auch finde ich es sehr schwer, solch schöne dicke Strickstoffe zu finden. Schade also, dass der schöne Stoff dann solche Probleme verursacht hat. All diese Probleme sieht man der Jacke jedenfalls nicht mehr an. Die Innenseite der Blende aus Jersey zu machen finde ich eine gute und auch schöne Idee. Und danke für den Tipp mit dem aufbiegen schwergängiger Druckknöpfe, irgendwie gehen alle die ich finde so streng. Schade finde ich, dass die Jacke so nach hinten zieht. Auch mir ist es bereits aufgefallen, dass die eine oder andere meiner Jacken eine Tendenz nach hinten hat. Das Gezuppele ist nervig, ich weiß aber noch nicht wie ich das umgehen kann. Werde also ganz genau schauen, wie du das löst 🙂
    Liebe Grüße, heike

    1. Jetzt lastet da wirklich Druck auf mir, uff.
      Das mit dem Aufbieten der Druckknöpfe funktioniert tatsächlich bei allen, ich habe es jetzt schon öfter angewendet.
      Grüße, Tina

  6. Ach wie doof, wenn es nicht läuft wie frau es sich vorstellt. Kommt mir gerade sehr bekannt vor. Der Stoff gefällt mir richtig gut und auch ich schließe mich Manuela und Heike an: Echt selten solche dicken Strickstoffe zu finden. Ich würde mir nämlich gerne einen Oversize-Pullover aus gröberem Strick (der möglichst keine Wolle wegen Kratz enthält) nähen und bin bislang erfolglos auf Suche.

    Aber die beschriebenen Probleme klingen sehr logisch, wenn man näher drüber nachdenkt, von daher tausend Dank, dass du uns an deiner Erfahrung teilhaben lässt – so sind wir vorgewarnt. Denn von alleine hätte ich daran tatsächlich nicht gedacht.
    Schön finde ich, dass du den Cardigan dennoch zum Kuscheln trägst, somit hat er auf jeden Fall seine Bestimmung gefunden.

    LG Miriam

    1. Ich habe schon öfter von Bene von Swafing gehört, wenn es um Strickstoffe geht. Allerdings hatte ich ihn selbst noch nicht in der Hand.
      Grüße, Tina

  7. Diese Nachhintenziehen kommt sicher durch die Schwere des Stoffes. Es kann aber auch sein, dass der Nacken nicht weit genug ausgeschnitten ist. Ich hatte selbst kürzlich dieses Problem und bin froh keine großen Änderungen vorgenommen zu haben, nachdem ich das erkannt hatte. Handelt es sich eventuell um Ripsstoff? Viel Freude jedenfalls an der Jacke! Scheint wärmend zu sein und sieht auch gut aus. Regina

    1. Guter Punkt, vielleicht spielt da meine verbreiterte Blende eine Rolle.
      Der Stoff ist ein Glatt rechts Strick (schwarzes Garn) in den dann graues Garn eingewoben ist. Wie nachträglich mit der Nadel eingefädelt in den Strick.
      Grüße, Tina

  8. Der fertigen Jacke sieht man die Shwierigkeiten nicht an. Mit sehr dicken Materila hatte ich auch schon meine Schwieriglkteien, den Ideen von Stafanie schliesse ich mich an. Die Nahtzugabe ist bei mir fast immer 1,5mm , oft verkleinere ich sie noch nach dem Zuschnitt. Je dicker det Stoff desto mehr Nahtzugabe, ist meine Regel. Gelungen ist Sie Dirhoffentlich wird Sie dich lange begleiten. LG Jeanette

  9. Kompliment für deine Hartnäckigkeit. Bei mir wäre das Projekt vermutlich in der Kiste gelandet. Ich habe großen Respekt vor Strickstoffen, aus deinen genannten Gründen und meide daher den Kauf (fast). Optisch sieht man deiner Jacke deine Kämpfe nicht an und bloß gut, dass du sie nicht umsonst genäht hast.

    1. Ich war zwischendrin auch echt frustriert, gerade während dem mehrfachen Auftrennen. Aber ich gebe mich nicht gerne geschlagen, das ließ mich durchhalten 😉
      Grüße, Tina

  10. Ich habe heuer zwei Cardigans genäht: aus einem schweren Grobstrick und einem dicken Zopfmuster. Bei beiden – einmal Knopfleiste und einmal Reißverschluss – hatte ich das Problem mit dem dicken Umschlag, ebenso bei den Bündchen. Meine Idee: ein bisschen Stoff auftrennen und mit der so gewonnenen Wolle die Leisten und Bündchen anstricken. Hat super geklappt, nur viel Zeit gekostet. Fotos gerne per Mail.

    1. Das ist eine wahnsinnig gute Idee! Die beste Idee sogar.
      Sollte ich es nochmal wagen, so eine Jacke zu nähen, werde ich vorher meine Strickfähigkeiten verbessern müssen 🙂
      Grüße, Tina

      1. Ich schicke dir gerne ein Foto. Bei der einen hab ich Bund und Kragen im Patentmuster angestrickt, damit es ein bisschen dicker wird und bei der anderen im Glatt-Rechts-Muster hab ich zwischen Leiste und Stoff einen schmalen Zopf gestrickt. Die meisten Stoffe lassen sich ganz gut auftrennen, obwohl die Wolle schwerer zu stricken ist, weil sie gerne spaltet. Liebe Grüße aus Österreich.

  11. Liebe Tina, oha – das klingt nach einem echten „Projekt“! Irgendwie hoffe ich immer auf smoothe Näherfahrungen, aber am Ende lernt man mit solchen störrischen Teilen doch mehr, oder? Danke, dass Du uns so detailliert durch den Prozess genommen hast – das erspart vielleicht die eine oder andere Widerholung ;). Und das Ergebnis ist, find eich, richtig roll geworden (die „Fehler“ sieht man ja ohnehin meistens nur selbst – und im Idealfall irgendwann nicht mehr)! Ich wünsche Dir ganz viele gemütlich-warme Tage darin!
    Herzlich: Charlotte

  12. Liebe Tina,
    du hättest so viele Hürden zu überwinden um dann mit dem Ergebnis nicht wirklich zufrieden zu sein. All das sieht man der Jacke nicht an, und du trägst sie trotzdem.

    LG, Heike

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