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Allgemein Me Made Mittwoch

Grasser No. 844 – ein Kleid mit außergewöhnliches Nahtverläufen

Bei meinen Make Nine Plänen für 2024 hatte ich mit einem Ausgehkleid geplant. Ursprünglich zwar nicht mit diesem Grasser No. 844 Kleid, aber letztendlich habe ich mich eben doch dafür entschieden. Ich hatte es gespeichert, da ich die Nahtverläufe und die Abnäher in der Taille toll fand. Die körpernahen Taillenabnäher geben dem Kleid eine definierte Form, obwohl der Rest locker fällt. Außerdem ist der Ärmel am Seitenteil angeschnitten und in Falten gelegt, diese Nahtführung hat mich angezogen.

Den Schnitt habe ich in der russischen Größe 46, Körpergröße 176 – 182 gekauft, das entspricht einer europäischen 40. Der Maßtabelle nach bin ich eine RU 44/EU 38. Diese Tabelle enthält aber kein Schultermaß. Die Anpassung dieses komplexen Ärmels auf meine breite Schulter wollte ich nicht riskieren. Da der einzige Teil des Kleides, der körpernah ist, aber mit einer Unmenge Abnäher geformt wird, war eine Verschmälerung hier nicht riskant.

Grasser gibt den Stoffverbrauch mit 3m an. Für gewöhlich stimmt diese Angabe bei ihnen auch sehr gut. Ich hatte trotzdem die Hoffnung, dass ich mit den angepassten Schnittteilen und meinem eigenen Tetris Versuch noch etwas einsparen könnte, aber leider nein. Egal wie ich die Schnittteile zu Hause übungsweise aufgelegt hatte, es waren nie weniger als 3m. Und auch beim Zuschnitt waren die 3m dann tatschlich notwendig. Die Reste die blieben, sind lange Streifen die spitz zulaufen, also wirklich unbrauchbar.
Der Stoff ist ein Satin aus 100% Baumwolle in der Farbe haselnuss, ich finde ihn allerdings mehr teewurstfarben, altrosa mit einem schönen Glanz.

Das Nesselteile war eine absolute Freude gleich bei der ersten Anprobe! Zum einen hat es super gepasst und zum anderen hat es eine besondere Körperform von mir gezeigt, die ich bei bisherigen Schnitten vielleicht noch zu wenig beachtet habe: meine Schlüsselbeine! Beide Prinzessnähte im Vorderteil machten einen kleinen Bogen auf Höhe der Schlüsselbeine, knapp 7mm pro Seite (unten im Bild links Originalbild, rechts habe ich es nochmal hervorgehoben). Damit diese Naht also später gerade läuft, habe ich dem vorderen Zuschnitt jeweils eine kleine Delle verpasst. Diese 1,5cm notwendige Mehrweite hat bei vielen älteren Teilen sicher auch Einfluss auf die Spannung an den Schultern die ich oft habe.
Das Nesselteil saß über der Brust eng, wie wenn Länge vom Halsausschnitt zur Taille fehlt. Darum habe ich das Vorderteil auf Höhe der Brust um 1,5cm verlängert und dafür an der Naht zum vorderen Seitenteil kleine Abnäher eingefügt. Ohne Abnäher hätte es mir besser gefallen, aber ich wollte, dass der Bereich über- und unterhalb der Taille weich und weit fällt, damit war mir das wichtiger. Leider wollte ich die Fäden an den Abnäherspitzen extra gut vernähen, leider ließen sich diese kleinen Abnäher etwas schwerer ausbügeln. Ich habe die Spitze quasi mit Faden „gefüllt/ausgestopft“, zukünftig also wieder anders.

Der Schnitt hat eine verdeckte Knopfleiste, die ich weggelassen habe. Ich wollte eine Kette tragen können und das hätte sich meiner Meinung nach nicht mit der Knopfleiste vertragen. Die schlichte Front finde ich viel besser zum Schmuck tragen. Getragen habe ich es dann allerdings ohne Kette und mit auffälligen Ohrringen, naja Pläne ändern sich. Das Kleid hat im Original keine Taschen, ich habe also Nahttaschen 5cm unterhalb der Taillenabnäher hinzugefügt.

Das Nähen des Kleides ist nicht schwer (Abnäher, Manschetten, Halsbeleg, nahtverdeckter Reißverschluss), nur zeitaufwendig. Das lange Kleid allein führt schon zu mehr als 10m Naht und dann kommen noch die 20 Abnäher hinzu. Die Abnäher habe ich zweimal genäht, beim ersten Mal mit dem Originalmaß und nach der Anprobe nochmal jeden Abnäher 1mm tiefer, um die überschüssige Mehrweite gleichmäßig verteilt zu entfernen. Plus natürlich noch die Abnäher des Nesselteils. Nach diesen 60 Abnäher würde ich sagen, bin ich jetzt geübt… Die Anleitung ist ausführlich und leicht zu verstehen. Das Faltenlegen an den Ärmeln hat mir große Freude gemacht.

Das Kleid habe ich 14 Tage aushängen lassen, bevor ich den Blindsaum genäht habe. Ich finde es immer wieder überraschend, wie unterschiedlich sich gleichmäßig zugeschnittene Teile in einzelnen Bereichen dabei längen. Hier die Markierung nach dem Rocksaumabrunder in blau. Es war nicht so stark wie bei einem Tellerrock, aber schwankte doch um insgesamt 3cm.

Das Kleid trägt sich herrlich. Ich mag die Kombination aus weit und firgurbetont. Die Ärmelform ist eigentlich so gar nicht mein Stil, weit und rund ausgeformt durch die Abnäher, aber ich mag sie. Vielleicht hab ich mir da was Neues eröffnet. Mein erster Statement Sleeve! Allerdings kann man durch den schrägen Fall der Manschetten den Arm nicht frei bewegen, also immer Manschette hochschieben und dann erst Arm bewegen. Der Stoff ist nicht ganz knitterfrei, trägt sich aber schön.

Um dem Outfit noch das gewisse Etwas zu geben, habe ich mir aus den Stoffresten eine Clutch genäht. Die Form ist angelehnt an ein Modell, das wir bei der Nähfrauenreise im Ledermuseum Offenbach gesehen haben. Die Tasche besteht nur aus einem stark verstärkten rechteckigen Hauptteil, zwei langen Bändern und zwei kleinen Seitenteilen. Sie schließt mit zwei eingenähten Magneten. Die Seitenteile habe ich mit der Hand eingesetzt, damit sieht man an der Außenseite nur ganz kleine, filigrane Stiche.

Ich freue mich sehr euch heute dieses Projekt zum MeMadeMittwoch zeigen zu können. Was meint ihr, ausgewogene Silhouette oder zu viel Stoff?

27 thoughts on “Grasser No. 844 – ein Kleid mit außergewöhnliches Nahtverläufen

  1. Wunderschön, und dann auch noch gleich mit passender Tasche und den Schuhen! Es dürfte eine Menge Arbeit gewesen sein, die Abnäher abzustimmen. Die Falten am Innenärmel habe ich tatsächlich erst sehr spät wahrgenommen. Ungewöhnlich, aber sehr schön! Viel Freude daran! Regina

    1. Ein bisschen Arbeit war es, da hast du recht. Vor allem, weil ich meinen normalen Nähfuß zum ersten mal nicht präzise genug fand. In so einer billig Sammlung die ich noch aus meinen Anfängen hatte habe ich dann aber tatsächlich einen Fuß mit ganz schmalem Schlitz gefunden. Dann gings gut.
      Grüße, Tina

  2. Wow – jetzt aber ab zur großen Gala, denn da gehört dieses Kleid definitiv hin. Richtig großartig und man sieht die viele Arbeit, die da drin steckt.
    LG Miriam

  3. An das Original im Ledermuseum Offenbach kann ich mich gut erinnern, wie ich mich überhaupt an die Reise gerne erinnere. Ich musste ja schmunzeln, als ich las, dass Du den Aufwand eines Kleidungsstückes u. a. in genähten Metern bemisst. Coole Idee mit der der passenden Clutch. Ein wirklich glamouröses Kleid in Altrosa (nicht Teewurst) mit ausgewogener Silhouette! Ich wünsche Dir viele mondäne Anlässe, zu denen Du es tragen kannst. Lieben Gruß Manuela

    1. Das war einfach so ein tolles Wochenende!
      Bisher hatte ich noch nie irgendwas in Nähmetern bemessen, aber bei diesem Kleid kam mir das einfach in den Sinn. Danke dir, mondäne Anlässe gibt es genug, das entscheide ich nämlich einfach selbst, ob ein Abend mondän wird oder nicht.
      Grüße, Tina

  4. Das ist ja wirklich ganz großes Kino! Ich gratuliere zu diesem eleganten Kleid mit so vielen schönen Details. Die passende Tasche ist das I-Tüpfelchen!
    Liebe Grüße
    Julia

  5. So ein wundervolles Kleid, einfach ein Vergnügen, es zu betrachten. Dieses Spiel zwischen Enge und Weite ist so elegant und die Farbe ist auch mal etwas Besonderes.
    LG Bella

  6. Wow! Was für ein außergewöhnliches, wunderschönes und elegantes Kleid! Damit gehörst du unbedingt auf den roten Teppich!
    Liebe Grüße von Doro

  7. Ein absolutes Statement- großes- Kino- Kleid, dass so oft es geht, ausgeführt werden muss und ja, nicht vorhandene Anlässe kann man dann zu einem Anlass machen. Das liegt schließlich an Jedem selbst.
    Die vielen kleinen Details sind so schön anzuschauen.
    Perfekt dazu finde ich auch die genähte Clutch.

    Viel Spaß beim Ausführen.
    LG
    Sandra

  8. Wow, ganz großes Kino. Von der Formgebung erinnert mich das Oberteil ein bisschen an so manches viktorianische Kleid, mit den seitlichen Falten und den weiten Ärmeln mit Faltenlegung. Ich meine das positiv, da gibt es nämlich sehr schöne Modelle. Überhaupt sind die Falten bei dem Schnitt wirklich wunderbar plaziert, und du hast sie perfekt umgesetzt. Da wünsche ich dir viele Gelegenheiten, dieses außergewöhnliche Kleid zu tragen. Und die Teewurst habe ich definitiv überlesen, das Altrosa passt sehr gut zu dir und zum Schnitt.
    Liebe Grüße, heike

    1. Das Kleid ruft echt spannende Assoziationen hervor. Du vergleichst es mit viktorianischen Elementen, ich habe auch 50s und 70s Vibes schon gehört. Der Schnitt gleitet wohl zwischen den Zeiten umher 😉 Freut mich, dass du es magst. Und die Teewurst finde ich gar nicht schlimm, mir gefällt die Farbe, da kann sie heißen wie sie will… Grüße, Tina

  9. Jedes Mal wieder spannend, was du zum MeMadeMittwoch vorstellst, mal ein schlichtes Blusenshirt, mal die große Robe für die Prämierenvorstellung 😉 Deine Beiträge zu lesen lohnt sich immer, ich finde du steckst in deine Blogeinträge genau so viel Aufwand wie ins Nähen. Auch hier wieder habe ich einiges gelernt und mich an dem schönen Projekt erfreut. Ein echter Hingucker!

    1. Oh, damit machst du mir die größte Freude! Es ist schön, wenn du meine Nähwerke magst, aber dann auch noch meine Beiträge? Das ist wirklich wunderbar.
      Grüße, Tina

  10. Ich kann mich nur anschließen, die Mühe hat sich gelohnt. Ein wunderschönes Kleid das Dir gut steht. Die Farbe passt perfekt zum Schnitt und Dir.

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